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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland |
Entscheidungsform: | Urteil |
Datum: | 10.12.2001 |
Aktenzeichen: | VK 04/2001 |
Rechtsgrundlage: | 1. § 94 VwGO i.V.m. § 71 VwGG; § 94 VwGO analog i.V.m. § 71 VwGG 2. § 91 Abs. 1 PfDG; Art. 73 Abs. 2 KO; Alimentations- und Fürsorgeprinzip; Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 2 Satz 1 WRV 3. § 18 PfBVO n.F. |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Alimentations- und Fürsorgeprinzip, Aussetzung des Klageverfahrens, Ermessen, Versetzung in den Ruhestand |
Leitsatz:
- Auch nach Versetzung in den Ruhestand gem. § 91 Abs. 1 PfDG besteht das mit der Berufung zum Pfarrer nach Art. 73 Abs. 2 Satz 1 KO begründete öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis auf Lebenszeit unberührt.
- Die Versetzung in den Ruhestand gem. § 91 Abs. 1 PfDG verstößt nicht gegen das Alimentations- und Fürsorgeprinzip, insofern mit dem Ruhestand eine, wenn auch unter Umständen erheblich geringere, Versorgung verbunden ist.
- Eine Pfarrperson im Wartestand ist gemäß § 91 Abs. 1 PfDG in den Ruhestand zu versetzen, sofern ihr nicht bis zum Ablauf von drei Jahren erneut eine Pfarrstelle übertragen wurde, und die Frist gemäß § 90 Abs. 2 PfDG nicht zwischenzeitlich gehemmt war. Raum für ein Ermessen besteht insoweit nicht.
- Die Versetzung in den Ruhestand setzt gemäß § 91 Abs. 1 PfDG keine hinreichenden Bemühungen des Landeskirchenamtes voraus, der Pfarrpersonen im Wartestand eine Beschäftigung zu verschaffen.
- Eine Verpflichtung des Landeskirchenamtes nach § 90 Abs. 2 PfDG der Pfarrpersonen im Wartestand eine anderen kirchlichen Tätigkeit zu übertragen besteht nicht. Eine grundsätzlich mögliche Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sich um weitere Beschäftigungsmöglichkeiten der Pfarrperson im Wartestand zu kümmern, liegt nicht vor, wenn sich das Landeskirchenamt, wenn auch vergeblich, bemüht hat.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
#Tatbestand
###Der Kläger war von 1987 bis 1994 Pfarrer in der Kirchengemeinde Name 1. Durch Bescheid vom 30. November 1993 berief ihn das Landeskirchenamt der Beklagten mit Wirkung vom l. Juli 1994 aus der Pfarrstelle ab. Seine bei der Verwaltungskammer anhängig gemachte Klage wies diese durch Urteil vom 27. März 1995 ab ( Az.: VK 9/1994 ).
Nach erfolglosen Bemühungen um Verwendung in einer anderen Pfarrstelle versetzte das Landeskirchenamt den Kläger durch Beschluß vom 9. Oktober 1995 mit Wirkung vom l. Dezember 1995 in den Wartestand. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Anrufung der Verwaltungskammer durch den Kläger blieb erfolglos ( Urteil vom 11. November 1996, Az.: VK 6/1996).
Durch Schreiben an den Kläger vom 25. August 1997 erteilte das Landeskirchenamt dem Kläger gemäß § 90 Abs. 2 PfDG mit Wirkung vom l. Oktober 1997 - zunächst für die Dauer von zwei Jahren - einen widerruflichen Beschäftigungsauftrag mit einem Umfang von 75% eines uneingeschränkten Dienstverhältnisses. Das Landeskirchenamt teilte dem Kläger in diesem Schreiben u.a. mit, daß er für die Dauer des Beschäftigungsauftrages direkt dem Superintendenten des Kirchenkreises Name 2 für die Wahrnehmung von pfarramtlichen Tätigkeiten im Kirchenkreis zugewiesen werde.
Einsatzort sollte gem. einer Erklärung des Superintendenten die Kirchengemeinde Name 3 sein. In seiner Sitzung vom 24. Oktober 1997 beschloß das Presbyterium der Kirchengemeinde Name 3, den Kläger nicht in ein Beschäftigungsverhältnis in die Gemeinde zu übernehmen.
Nachdem der Superintendent des Kirchenkreises Name 2 dem Landeskirchenamt durch Schreiben vom 7. November 1997 die Ablehnung der Kirchengemeinde Name 3 mitgeteilt hatte, widerrief das Landeskirchenamt durch Schreiben vom 14. November 1997 den Beschäftigungsauftrag gem. § 90 Abs. 2 PfDG rückwirkend zum l. Oktober 1997. Mit Bescheid vom 25. Juni 1998 setzte das Landeskirchenamt als Datum des Widerrufs des Beschäftigungsauftrages den 21. November 1997 fest. Dagegen erhob der Kläger nach erfolgloser Einleitung eines Widerspruchsverfahrens am 6. Februar 1998 Klage. Während des Klageverfahrens wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid von 26. April 1999 als unbegründet zurück.
Die Verwaltungskammer hob mit Urteil vom 7. Juni 1999 den Bescheid vom 14. November 1997, das Schreiben des Landeskirchenamtes vom 25. Juni 1998 und den am 26. April 1999 gefaßten Widerspruchsbescheid auf, weil die Widerrufsentscheidung ermessensfehlerhaft ergangen sei ( Az.: VK 5/1998 ).
Mit Bescheid des Landeskirchenamtes vom 31. Oktober 2000 wurde der Kläger gem. § 91 Abs. l PfDG mit Wirkung vom l. Dezember 2000 in den Ruhestand versetzt. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung angeordnet. Der Bescheid wurde dem Kläger am 10. November 2000 zugestellt.
Am 8. Dezember 2000 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 31. Oktober 2000 betreffend die Versetzung in den Ruhestand und die Anordnung der sofortigen Vollziehung Widerspruch ein; gleichzeitig beantragte er hilfsweise, ihm ab l. Dezember 2000 die ungeminderte Besoldung im Sinne von §§ 2 ff. PfBVO, äußerst hilfsweise, ihm ab l. Dezember 2000 Wartegeld gem. § 31 PfBVO zu zahlen. Ferner beantragte er, das Widerspruchsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Parallelrechtsstreits des Herrn Pfarrer Name 4 vor den kirchlichen sowie evtl. vor den staatlichen Verwaltungsgerichten bzw. dem Bundesverfassungsgericht auszusetzen sowie auf die Einrede der Verjährung für seine Besoldung bzw. Versorgung bis zum Ablauf eines Zeitraumes von 3 Monaten nach rechtskräftigem Abschluß des Parallelverfahrens zu verzichten.
Zur Begründung trug er u.a. vor: Die Versetzung in den Ruhestand sei aus folgenden Erwägungen aufzuheben. Die Drei-Jahres-Frist nach § 91 Abs. l Satz l PfDG sei nicht abgewartet worden, da diese Frist mit dem Beginn des Wartestandes am l. Dezember 1995 begonnen habe, durch die zwei Jahre des Beschäftigungsauftrages gehemmt gewesen und somit erst am 30. November 2000 abgelaufen sei. Erst nach diesem Zeitpunkt hätte über die Versetzung in den Ruhestand entschieden werden können. Sinn der Regelung des § 91 Abs. l Satz l PfDG sei, daß der Pfarrerin oder dem Pfarrer ein Zeitraum von drei Jahren gewährleistet werden solle, in dem sie oder er sich um eine Beschäftigungsmöglichkeit bemühen könne, ohne daß bereits ein Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand vorliege. Ein vorsorglicher Bescheid sei dem Verwaltungsrecht der Evangelischen Kirche im Rheinland fremd. Der Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand hätte daher frühestens am l. Dezember 2000 ergehen können.
Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil sich das Landeskirchenamt nicht hinreichend bemüht habe, ihm, dem Kläger, einen neuen Beschäftigungsauftrag zu verschaffen. Demgegenüber sei die Auffassung, § 91 Abs. l PfDG beinhalte eine zwingende Rechtsfolge, unzutreffend, weil die Norm im Lichte der Fürsorgepflicht der Evangelischen Kirche im Rheinland als Dienstherrin auszulegen sei. Da nach Art. 73 Abs. 2 KO ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf Lebenszeit begründet werde, sei § 91 Abs. l PfDG wegen Verstoßes gegen die Grundprinzipien des „öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses auf Lebenszeit" unwirksam. Dadurch, daß ein schwerwiegender Eingriff in das öffentlich- rechtliche Dienstverhältnis erfolge, ohne daß die Evangelische Kirche im Rheinland darzulegen und zu beweisen brauche, daß die Warte- und Ruhestandsversetzung unvermeidbar sei, würden die durch Art. 73 Abs. 2 KO statuierten Grenzen der Eingriffsmöglichkeiten des Dienstherrn in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis weit überschritten.
Die Hilfsanträge würden damit begründet, daß die Kürzung der Bezüge rechtswidrig sei, da sie das Alimentations- und Fürsorgeprinzip verletze. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei aufzuheben, weil die Inruhestandsversetzung zum l. Dezember 2000 materiell-rechtlich unwirksam sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2001, schriftlich ausgefertigt am 7. März 2001 und zugestellt am 9. März 2001, wies der Beschwerdeausschuß der Kirchenleitung den Widerspruch des Klägers zurück. Ferner setzte er das Verfahren nicht aus und erklärte sich hinsichtlich der Verjährungseinrede nicht für zuständig
Zur Begründung führte der Beschwerdeausschuß u.a. aus: Dem Antrag auf Aussetzung des Widerspruchsverfahrens könne nicht entsprochen werden, da der Kläger als Pfarrer im Ruhe- stand Anspruch auf Versorgung habe statt auf das höhere Wartegeld. Die Vorschrift des § 91 Abs. l PfDG sei für das Landeskirchenamt zwingend. Der Bescheid habe auch schon vor Ablauf der Frist des § 91 Abs. l PfDG gefaßt werden dürfen, da der Ruhestand fristgemäß erst am l. Dezember 2000 begonnen habe und die Versetzung in den Ruhestand bis zu diesem Zeitpunkt jederzeit noch hätte aufgehoben werden können. Unerheblich sei, ob das Landeskirchenamt sich hinreichend bemüht habe, dem Kläger eine neue Pfarrstelle oder einen neuen Beschäftigungsauftrag zu verschaffen, oder ob er die ihm angebotenen Stellen ohne sein Verschulden nicht erhalten habe. Zudem habe es kontinuierliche und intensive Bemühungen des Landeskirchenamtes gegeben, den Kläger in einen neuen pfarramtlichen Dienst zu vermitteln oder ihm einen Beschäftigungsauftrag zu erteilen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf volle Dienstbezüge oder auf das bisher gezahlte Wartegeld.
Mit der am 9. April 2001 erhobenen Klage führt der Kläger ergänzend zu seinem Widerspruchsvorbringen aus: Daß sämtliche Kirchenkreise seine Beschäftigung abgelehnt hätten, obwohl er seinen Beschäftigungsauftrag unbeanstandet durchgeführt habe, sei nicht nachvollziehbar. Die Ansicht, die Regelungen in den §§23 Abs. l, 31 Abs. 3 PfBVO verstießen nicht gegen höherrangiges staatliches Recht, sei nicht zutreffend, denn auch die Kirche sei an das „für alle geltende Gesetz" gebunden. Da die Regelung des Dienstverhältnisses die Pfarrerin oder den Pfarrer in der bürgerlichen Existenz betreffe, seien die zum Schutz dieser Existenz ergangenen, von der Verfassung garantierten staatlichen Rechtsnormen anzuwenden. Danach sei eine Gehaltskürzung nur zulässig, wenn
- es keine Möglichkeit einer beiden Seiten zumutbaren Weiterbeschäftigung auf einer anderen freien Pfarrstelle gebe;
- die Warte- oder Ruhestandsversetzung im Einzelfall durch im Verhalten oder in der Person des Pfarrers liegende Gründe gerechtfertigt sei;
- dringende finanzielle oder auf die kirchliche Struktur bezogene Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung entgegenstünden.
Schließlich habe die Entgeltreduzierung selbst mit dem kirchlichen Auftrag der Evangelischen Kirche im Rheinland nichts zu tun und betreffe daher nicht den durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV geschützten Bereich der Kirche.
Der Kläger beantragt;
- den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 31. Oktober 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Beschwerdeausschusses der Kirchenleitung vom 2. März 2001, schriftlich abgefaßt am 7. März 2001, aufzuheben;
- hilfsweise mit der Versetzung in den Ruhestand dem Kläger ab l. Dezember 2000 die ungeminderte Besoldung im Sinne von §§ 2 ff. PfBVO zu zahlen;
- äußerst hilfsweise mit der Versetzung in den Ruhestand dem Kläger ab l. Dezember 2000 Wartegeld gemäß § 31 PfBVO zu zahlen;
- das Klageverfähren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Parallelrechtsstreits des Herrn Pfarrer Name 4 (Urteil der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 14. Mai 1999 - VK 21/1998 - VGH 6/99 ) vor den kirchlichen sowie vor den staatlichen Verwaltungsgerichten bzw. dem Bundesverfassungsgericht auszusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Inhalt der Akten der Verwaltungskammer und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
#Gründe:
Die Verwaltungskammer hat sich dahin entschieden, dem Aussetzungsantrag des Klägers nicht zu entsprechen.
Rechtsgrundlage für eine Aussetzung des Klageverfährens wäre - über § 71 VwGG - § 94 VwGO. An sich greift diese Norm vorliegend nicht, weil eine Vorgreiflichkeit des Verfahrens Name 4 nicht gegeben ist; das Verfahren XXXXXX kann vielmehr eigenständig entschieden werden. In Rechtsprechung und Rechtslehre wird § 94 VwGO aber auch analog angewandt, wenn in einem anderen anhängigen Prozeß dieselben Rechtsfragen zu entscheiden sind (vgl. Kopp, VwGO, § 94 Anm. 4 a). Ein solcher Fall liegt hier vor.
Die Aussetzung des Verfahrens nach bzw. analog § 94 VwGO steht im Ermessen des Gerichts. Daher sind die für und gegen die Aussetzung sprechenden Umstände zu beachten und gegeneinander abzuwägen.
Für die Aussetzung könnte sprechen, daß es wenig sinnvoll erscheinen mag, im vorliegenden Verfahren dieselben Rechtsfragen zu entscheiden, die auch im Verfahren Name 4 von Bedeutung sind. Außerdem ist zu beachten, daß die anfallenden Rechtsanwaltskosten bei einer eventuellen Erledigung des Rechtsstreits nach Abschluß des Verfahrens Name 4 erheblich geringer sein werden als bei einer Entscheidung, evtl. auch noch nach Einlegung der Berufung/Revision.
Gegen die Aussetzung ist zu bedenken, daß die sachliche Unsicherheit bzgl. der Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand - evtl. noch jahrelang - andauert.
Da es sich - wie oben bereits erwähnt - bei dem vorliegenden Verfahren um ein gegenüber dem Rechtsstreit Name 4 eigenständiges Verfahren handelt, so daß die Norm des § 94 VwGO allenfalls entsprechend heranzuziehen ist, und bei einer Aussetzung möglicherweise auf Jahre hinaus keine Klarheit über den Status des Klägers besteht, ist die Verwaltungskammer zu der Aurfassung gelangt, daß die eventuellen höheren Kosten bei einer Entscheidung von untergeordneter Bedeutung sind, so daß das Gericht eine Aussetzung des Verfahrens nicht für sinnvoll hält.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Sie ist zulässig. Der kirchliche Verwaltungsrechtsweg ist nach § 19 Abs. 2 VwGG eröffnet. Ein Widerspruchsverfahren ( § 22 Abs. l VwGG ) ist durchgeführt worden. Der Kläger hat auch die Klagefrist des § 26 VwGG eingehalten.
Die Klage ist aber nicht begründet.
Die Versetzung in den Ruhestand findet ihre Rechtsgrundlage in § 91 Abs. l PfDG.
Diese Norm verstößt, im Gegensatz zur Ansicht des Klägers, nicht gegen Art. 73 Abs. 2 KO.
Nach Art. 73 Abs. 2 Satz l KO wird mit der Berufung der Pfarrperson ein öffentlich- rechtliches Dienstverhältnis auf Lebenszeit begründet. Nach Abs. 4 der Bestimmung werden die Rechtsverhältnisse der Pfarrpersonen im einzelnen durch Kirchengesetz geregelt.
Zwar handelt es sich bei dem Pfarrdienstgesetz um ein Gesetz der Evangelischen Kirche der Union. Da aber die Evangelische Kirche im Rheinland das Gesetz für ihren Bereich ( zum l. April 1997 ) in Kraft gesetzt hat, müssen die Regelungen des Gesetzes auch an der Rheinischen Kirchenordnung gemessen werden.
Ein Verstoß gegen Art. 73 Abs. 2 KO ist nicht zu erkennen. Denn auch der pensionierte Pfarrer ( oder derjenige im Wartestand ) verbleibt in dem durch die Berufung begründeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf Lebenszeit. Ihn trifft lediglich keine Dienstleistungspflicht mehr ( § 94 Abs. l PfDG); nach § 94 Abs. 4 PfDG kann ihm sogar mit seiner Zustimmung widerruflich ein pfarramtlicher oder ein anderer Dienst übertragen werden. Dies zeigt, daß auch nach der Versetzung in den Ruhestand das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis weiterbesteht.
Allerdings kann die Einlassung des Klägers dahin verstanden werden, daß er meint, § 91 Abs. l PfDG verstoße gegen das Alimentations- und Fürsorgeprinzip, das kirchlichen Verfassungs rang habe. Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Die vom Kläger angeführten Kriterien für die an dem Alimentations- und Fürsorgeprinzip gemessene Rechtmäßigkeit einer die vorzeitige Pensionierung vorschreibenden Bestimmung sind nämlich im Gegensatz zum Vortrag des Klägers - unabhängig davon, ob es auf sie ankommt - erfüllt. Die Erfolglosigkeit der Bemühungen der Beklagten, dem Kläger eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen, zeigt, daß eine dem Kläger zuzuweisende freie Pfarrstelle nicht vorhanden war. Dies beruht u.a. vor allem darauf, daß die Kirchenleitung auf Grund der presbyterialen Verfassung der Evangelischen Kirche im Rheinland hinsichtlich der Gemeindepfarrstellen idR. kein Besetzungsrecht, vielmehr nur ( und auch nur zum Teil ) ein Vorschlagsrecht hat; das Besetzungsrecht steht, wie bereits erwähnt, der Kirchengemeinde selbst zu. Daher kann die Kirchenleitung zwar versuchen, Einfluß auf die Pfarrbesetzung zu nehmen ( was sie vorliegend auch mehrfach getan hat); ein Bestimmungsrecht hat sie idR. nicht. Somit trifft die in einem Rechtsgutachten des Herrn Wolfgang Bock, erstattet im Auftrag des Verbandes der Vereine Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. ( S. 60 ) vertretene Ansicht, die objektive Möglichkeit der Beschaffung einer Pfarrstelle werde in jeder großen Landeskirche gegeben sein, nicht zu. Zwar gibt es im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland etliche Landespfarrstellen, die von der Kirchenleitung zu besetzen sind. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, daß diese Stellen ausnahmslos ausgeschrieben werden, so daß der Kläger die Möglichkeit hatte, sich auf eine solche Pfarrstelle zu bewerben. Allerdings hat die Kirchenleitung die ständige Übung, Landespfarrer nicht gegen den Willen des jeweiligen Gremiums, für das der Landespfarrer tätig wird, anzustellen. Zudem muß der Landespfarrer auch von dem Vertrauen der Kirchenleitung getragen sein. Da auch die Beschäftigungsaufträge nicht vermehrt, sondern wegen der Finanznot der Kirche gerade vermindert werden sollen, kann nicht festgestellt werden, daß für den Kläger geeignete zuzuweisende freie Pfarrstellen vorhanden sind oder vorhanden waren. Wenn auch die Abberufung, welche die Voraussetzung für die Wartestandsversetzung nach § 87 Abs. 3 PfDG und ihr folgend die Versetzung in den Ruhestand nach § 91 Abs. l PfDG ist ( der Fall des § 88 PfDG ist entsprechend zu sehen ), nicht von einem „Verschulden" der Pfarrperson abhängig ist, so gehen die Bestimmungen doch davon aus, daß die negative Prognose bzgl. eines gedeihlichen Wirkens in der Pfarrstelle jedenfalls auch und wesentlich durch in der Person des Pfarrers liegende Gründe bedingt ist. Schließlich steht auch die offenkundige Finanznot der Evangelischen Kirche im Rheinland einer Nichtpensionierung ( ohne tatsächliche Weiterbeschäftigung ) entgegen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß der Pfarrer nach seiner unanfechtbar gewordenen Abberufung mindestens 4 Jahre Zeit hat, sich um eine neue Pfarrstelle zu bemühen ( §§ 87 Abs. 3, 91 Abs. l PfDG ). Damit ist eine ausreichende Zeitdauer eingeräumt worden, in welcher der Pfarrer zwar ( nach einem Jahr ) mit der Wartestandsversetzung, nicht aber mit der Versetzung in den Ruhestand rechnen muß. Da mit dem Ruhestand eine - wenn auch u.U. erheblich geringere - Versorgung verbunden ist, liegt ein Verstoß gegen das Alimentations- und Fürsorgeprinzip nicht vor.
§ 91 Abs. l PfDG verstößt Ferner nicht gegen höherrangiges staatliches Recht.
Nach Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 2 Satz l WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes". Daß die zu prüfende Norm diese Schranken nicht beachtet, kann die Verwaltungskammer nicht feststellen.
Hier ist zunächst zu berücksichtigen, daß die Verwaltungskammer keine verfassungsrecht- liche Verwerfungskompetenz besitzt. Sie kann deshalb eine kirchenrechtliche Bestimmung nicht am Grundgesetz überprüfen und u.U. unbeachtet lassen.
Zudem sind solche dem § 91 Abs. l PfDG entgegenstehende „Schranken des für alle geltenden Gesetzes" nicht zu sehen. Eine der Norm widersprechende ausdrückliche allgemeingeltende Gesetzesbestimmung fehlt. Allenfalls kann hier das bereits erwähnte Alimentations- und Fürsorgeprinzip angerührt werden. Dafür, daß dieses nicht verletzt wird, wird auf die obigen Darlegungen verwiesen.
Die Beklagte hat von der somit anzuwendenden Bestimmung des § 91 Abs. l PfDG zutreffend Gebrauch gemacht. Der Bescheid vom 31. Oktober 2000 ist insbesondere nicht vorzeitig ergangen.
Nach dem Wortlaut des § 91 Abs. l PfDG ist die Pfarrerin oder der Pfarrer im Wartestand in den Ruhestand zu versetzen, wenn ihr bzw. ihm bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Beginn des Wartestandes nicht erneut eine Pfarrstelle übertragen worden ist; der Lauf der Frist ist gehemmt, solange sie/er gem. § 90 Abs. 2 PfDG auftragsweise beschäftigt ist. Für ein Ermessen ist nach dem Wortlaut der Norm kein Raum. Danach mußte die Versetzung in den Ruhestand zum l. Dezember 2000 erfolgen.
Die Norm sagt nicht ausdrücklich, daß die Entscheidung erst nach dieser Frist gefaßt werden darf. Vielmehr geht sie nach ihrem Normzweck davon aus, daß nach den 3 Jahren der Ruhestand eintreten soll, was eine vorherige Beschlußfassung voraussetzt. Zudem hätte - was die Verwaltungskammer in dem Parallelverfahren Name 4 schon gesagt hat - die Versetzung in den Ruhestand wieder aufgehoben werden können, wenn dem Kläger bis zum Ablauf der Frist eine Pfarrstelle oder ein Beschäftigungsauftrag übertragen worden wäre. Demnach ist hinsichtlich der Frist eine besondere Schutzbedürftigkeit des betroffenen Pfarrers nicht ersichtlich. Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, der Pfarrer müsse sich um eine Beschäftigungsmöglichkeit bemühen können, ohne daß schon ein Bescheid über die Ruhestandsversetzung vorliege. Der Kläger hatte, wie bereits erwähnt, vier Jahre Zeit, sich darum zu bemühen; diese Möglichkeit ist ihm auch nach Zugang des Bescheides über die Versetzung in den Ruhestand nicht verschlossen. Bei dem Bescheid handelt es sich auch, im Gegensatz zur Ansicht des Klägers, nicht um einen vorsorglichen Bescheid, sondern um einen endgültigen, der lediglich in dem - unwahrscheinlichen - Fall, daß in den letzten Wochen ( Tagen ) der Drei-Jahres-Frist sich doch noch eine Beschäftigungsmöglichkeit ergibt, zurückgenommen werden kann.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, das Landeskirchenamt habe sich nicht ausreichend bemüht, ihm, dem Kläger, eine Beschäftigung zu verschaffen.
Denn die Versetzung in den Ruhestand setzt gem. § 91 Abs. l PfDG solche hinreichende Bemühungen nicht voraus.
Nach § 90 Abs. l PfDG können Pfarrpersonen im Wartestand sich um die Übertragung einer Pfarrstelle bewerben, wobei das Landeskirchenamt ein Vetorecht hat ( das vorliegend nicht angewandt werden mußte ); ferner kann das Landeskirchenamt nach § 90 Abs. 2 PfDG solchen Pfarrpersonen eine andere kirchliche Tätigkeit übertragen. Eine Verpflichtung hierzu bestimmt die Norm - wie dargelegt- nicht; allenfalls die Pflicht, sich darum zu kümmern, könnte sich möglicherweise aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben. Einer solchen Verpflichtung ist die Beklagte aber auch ausreichend nachgekommen. Der Kläger wurde zusammen mit anderen Pfarrern, bei denen ein erhöhtes Vermittlungsinteresse der Kirchenleitung besteht, in einer Liste gerührt; er wurde mehrfach den Presbyterien von Kirchengemeinden benannt, soweit der .Kirchenleitung das Vorschlags- recht für eine Pfarrstellenbesetzung zustand. Allerdings haben sich die Anstellungskörperschaften, in deren Kompetenz das Besetzungsrecht steht, gegen den Kläger entschieden. Dem Kläger ist auch ein Beschäftigungsauftrag erteilt worden; nach dessen zeitlichem Ablauf hat sich das Landeskirchenamt auch - den nicht qualifiziert bestrittenen Angaben im Widerspruchsbescheid entsprechend - um weitere Beschäftigungsmöglichkeiten bei den Kirchenkreisen in der Nähe des Wohnortes des Klägers, wenn auch vergeblich, bemüht.
Danach ist insoweit für eine Verletzung der Fürsorgepflicht der Kirchenleitung kein Anhaltspunkt ersichtlich.
Demnach muß die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen werden. Auch die beiden Hilfsanträge haben keinen Erfolg.
Zunächst einmal bestehen insoweit prozessuale Bedenken. Der Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand vom 31. Oktober 2000 enthält keinen Verwaltungsakt hinsichtlich der Versorgung; vielmehr wird darauf hingewiesen, daß der Kläger von der Versorgungskasse benachrichtigt werde. Zwar nimmt der Widerspruchsbescheid vom 2. März 2001 auch zu den Bezügen Stellung, nicht aber in Form eines Verwaltungsaktes, sondern nur in der Begründung. Deshalb bestehen Bedenken, ob die Verwaltungskammer insoweit zu einer Entscheidung berechtigt ist.
Zudem sind die Hilfsanträge nicht begründet, da die gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehen ( § 18 PfBVO n.F. ). Daß die in diesen Bestimmungen getroffenen Regelungen nicht gegen das Alimentationsprinzip verstoßen, ist oben dargelegt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. l VwGG.
Die Verwaltungskammer hat nach § 3 Abs. 2 VwKG die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob schon vor dem Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 91 Abs. l PfDG der Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand ergehen darf.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der Verwaltungskammer (Hans-Böckler-Straße 7, 40476 Düsseldorf) Berufung eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Berufungsfrist bei dem Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union eingeht.
Die Berufungsschrift muß das angefochtene Urteil bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.