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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland |
Entscheidungsform: | Urteil |
Datum: | 15.12.1997 |
Aktenzeichen: | VK 05/1997 |
Rechtsgrundlage: | § 23 Abs. 1 Pfarrbesoldungs- und -versorgungsordnung (PfBVO) i.V.m. § 10 Abs. 1 BeamtVG |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Anrechnung von Vordienstzeiten, ruhegehaltsfähige Dienstzeiten |
Leitsatz:
An dem für eine etwaige Anrechnung von Vordienstzeiten erforderlichen Tatbestandsmerkmal, dass der Betroffene, ohne eine von ihm zu vertretende Unterbrechung, in dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis tätig war, dessen Anrechnung als ruhegehaltfähige Dienstzeit er begehrt, fehlt es, wenn der Betroffene vor seiner Berufung in das Pfarramt weiter studiert bzw. die erforderlichen theologischen Prüfungen ablegt hat.
#####Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebühren- und auslagenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.
#Tatbestand
###Der am 30. Januar 1936 geborene Antragsteller studierte vom Sommersemester 1955 an bis 1962 Medizin und teilweise - neben dem Medizinstudium - Theologie. Nach dem Ende seines Me-dizinstudiums arbeitete er in Krankenhäusern und als Praxisvertreter, bevor er zum 1. Oktober 1970 als Assistenzarzt mit der medizinischen Fachausbildung begann. In dieser Funktion war er vom 1. Oktober 1970 bis zum 30. September 1973 am Evangelischen Krankenhaus G. sowie vom 1. Oktober 1973 bis zum 31. Mai 1975 am Knappschaftskrankenhaus B. hauptberuflich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis angestellt.
Ab dem Sommersemester 1975 studierte der Antragsteller bis zum Wintersemester 1978/79 ausschließlich Theologie.
Bereits am 21. September 1978 hatte er im Wege einer Sonderprüfung (nach einem Kolloquium am 17. September 1976 und praktisch-theologischer Zurüstung) sein Zweites Theologisches Examen abgelegt.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1979 wurde der Antragsteller als Pastor in den Hilfsdienst aufgenommen und mit Wirkung vom 1. Juni 1980 zum Pfarrer berufen.
Mit Wirkung vom 1. August 1996 wurde der Antragsteller, der bis dahin Inhaber der 2. kreiskirchlichen Pfarrstelle des Kirchenkreises K. (Pfarrstelle für Krankenhausseelsorge) war, in den Ruhestand versetzt.
Bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten gemäß Bescheid der gemeinsamen Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der lippischen Landeskirche gemäß Bescheid über die Festsetzung von Versorgungsbezügen (Ruhegehalt) vom 9. August 1996 wurde die Tätigkeit des Antragstellers als Assistenzarzt in der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis zum 31. Mai 1975 nicht berücksichtigt.
Den gegen diesen Bescheid am 29. August 1996 erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies die Kirchenleitung durch Bescheid vom 18. Dezember 1996 aufgrund eines in ihrer Sitzung vom 5. Dezember 1996 gefaßten Beschlusses als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Anrechnung von Vordienstzeiten nach § 10 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) unterliege einem engen Ermessensspielraum des Dienstherrn, der nur bei atypischer Fallgestaltung von der gesetzlich vorgeschriebenen Regel abweichen dürfe.
Für eine Anrechnung kämen somit zunächst Zeiten in Betracht, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres und vor Berufung in das Dienstverhältnis eines Vikars, Pastors im Hilfsdienst oder Pfarrers lägen und in denen eine hauptberufliche Tätigkeit in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn ausgeübt worden sei. Diese Vordienstzeiten müßten zudem in einem funktionellen und zeitlichen Zusammenhang mit der Ernennung/ Berufung stehen. Dies wäre dann der Fall, wenn die (förderliche) Tätigkeit Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt habe, die Grund für die Ernennung gewesen seien, und die (förderliche) Tätigkeit der Ernennung/Berufung unmittelbar und ohne schädliche Unterbrechung vorausgegangen sei. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang sei nur dann gegeben, wenn sich an die in § 10 Abs. 1 BeamtVG genannten Tätigkeiten unmittelbar ein Dienstverhältnis als Vikar, Pastor im Hilfsdienst oder Pfarrer oder aber eine vom Beamten/Pfarrer nicht zu vertretende Unterbrechung bis zur ersten Ernennung anschließe. Beschäftigungszeiten, denen zunächst noch Tätigkeiten im Sinne der §§ 11, 12 folgten, seien somit nicht nach § 10 ruhegehaltfähig. Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, die vor Abschluß einer für das spätere Amt (Pastor/Pfarrer) vorgeschriebenen wissenschaftlichen Ausbildung (Theologiestudium) lägen, hätten regelmäßig nicht zur Ernennung geführt, so daß in diesen Fällen Beschäftigungszeiten erst ab Abschluß des Theologiestudiums gemäß § 10 Abs. 1 BeamtVG anrechenbar seien.
Da sowohl ein funktioneller als auch ein zeitlicher Zusammenhang zu der erstmaligen Berufung des Antragstellers in das Dienstverhältnis als Pastor/Pfarrer nicht gegeben sei, könne eine Anrechnung der Vordienstzeiten in der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis zum 31. Mai 1975 nach § 10 Abs. 1 BeamtVG nicht erfolgen.
Mit seinem am 18. Februar 1997 bei der Verwaltungskammer eingegangenen - gegen die Gemeinsame Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der lippischen Landeskirche gerichteten - Antrag, mit dem der Antragsteller sein Begehren auf Anrechnung seiner Assistenzarztzeit als ruhegehaltfähige Dienst zeit weiter verfolgt, macht dieser im wesentlichen geltend:
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei ein funktioneller und zeitlicher Zusammenhang durchaus noch gegeben. Wie auch dem Belobigungsschreiben des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 12. August 1996 zu entnehmen sei, sei der Antragsteller nach einer Ausbildung zum Arzt und einer kurzen Unterbrechung als Krankenhausseelsorger in einem psychiatrischen Krankenhaus tätig gewesen. Er sei gerade durch die zusätzliche Ausbildung zum Arzt prädestiniert für die Stelle als Krankenhausseelsorger gewesen, so daß von einem funktionellen Zusammenhang ausgegangen werden müsse. Es handele sich hierbei um eine förderliche Tätigkeit, die dem Antragsteller Fähigkeiten und Erfahrungen für seine spätere Tätigkeit vermittelt habe. Der Antragsteller habe im Anschluß an seine Assistenzarztzeit nicht lediglich eine normale Pfarrstelle innegehabt, sondern sei als Krankenhausseelsorger tätig gewesen. Gerade für diese Beschäftigung seien die erworbenen Fähigkeiten, insbesondere im psychiatrischen Bereich, förderlich und unter Umständen auch ein Grund gewesen, den Antragsteller mit der Pfarrstelle für Krankenhausseelsorge zu betrauen. Bei der Unterbrechung vom 1. Juni 1975 bis zum 16. September 1976 handele es sich um einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, so daß auch noch ein zeitlicher Zusammenhang anzunehmen sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Gemeinsamen Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche (im folgenden: Versorgungskasse) vom 9. August 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 18. Dezember 1996 zu verpflichten, bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit des Antragstellers auch seine Tätigkeit als Assistenzarzt in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis zum 31. Mai 1975 zu berücksichtigen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie führt zur Begründung ihres Antrages im Wesentlichen aus: Der Antrag des Antragstellers sei zulässig, aber unbegründet.
Nach § 23 Abs. 1 der Pfarrbesoldungs- und -versorgungsordnung (PfBVO) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 BeamtVG sollten als ruhegehaltfähig auch Zeiten berücksichtigt werden, in denen ein Beamter nach Vollendung des 17. Lebensjahres vor der Berufung in das Beamtenverhältnis in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn ohne von dem Beamten zu vertretende Unterbrechung tätig gewesen sei, sofern diese Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt habe.
Die Voraussetzung, daß die Tätigkeit des Antragstellers als Assistenzarzt zur späteren Ernennung als Pfarrer geführt habe, sei zu verneinen. Ein Zusammenhang in funktioneller Hinsicht zwischen der Tätigkeit als Assistenzarzt und der Tätigkeit als Pfarrer bestehe nicht. Denn die während der Beschäftigungszeit als Assistenzarzt erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen seien nicht der wesentliche Grund für die Übernahme in das Pfarrdienst verhältnis gewesen. Die Tätigkeit eines Arztes sei in keiner Weise vergleichbar mit dem Dienst eines Pfarrers, der im wesentlichen geistliche Funktionen wahrzunehmen habe (Wortverkündigung, Sakramentsverwaltung, Seelsorge).
Unabhängig von dieser Frage fehle es aber in jedem Fall an dem notwendigen zeitlichen Zusammenhang. Nach § 10 BeamtVG sei eine Berücksichtigung von Vordienstzeiten nur möglich, wenn keine von dem Beamten zu vertretende Unterbrechung vorliege. Im vorliegenden Falle sei der Antragsteller aber in der Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 30. September 1976 in keinem Arbeitsverhältnis tätig gewesen. Diese Zeit, in der der Antragsteller studiert habe, betrage immerhin ein Jahr und vier Monate und könne daher nicht als gering bezeichnet werden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im übrigen wird ergänzend auf die Akte der Verwaltungskammer sowie auf den von der Antragsgegnerin eingereichten Verwaltungsvorgang verwiesen.
#Gründe:
Antragsgegnerin ist - insoweit wurde ausweislich der Schreiben der Verwaltungskammer an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und an die Evangelische Kirche im Rheinland vom 21. Februar 1997 bereits eine Rubrumsberichtigung vorgenommen - nicht die Versorgungskasse, die gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 der Pfarrbesoldungs- und -Versorgungsordnung (PfBVO) die von der Landeskirche zu tragenden Versorgungsbezüge festsetzt und zahlt, sondern nach § 31 Satz 1 Verwaltungskammergesetz (VwKG) in der bis zum 30. April 1997 geltenden Fassung in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Evangelische Kirche im Rheinland, die nach § 24 Abs. 1 Satz 1 PfBVO Trägerin der Versorgungsbezüge ist.
Der Antrag, für den die Verwaltungskammer gemäß § 2 Abs. 2 des für das vorliegende, vor dem 1. Mai 1997 bei der Verwaltungskammer anhängig gemachte Verfahren weiter anwendbaren Verwaltungskammergesetzes alter Fassung zuständig ist, hat keinen Erfolg.
Die Versorgungskasse hat zu Recht die Tätigkeit des Antragstellers als Assistenzarzt in der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis zum 31. Mai 1975 nicht in die ruhegehaltfähige Dienstzeit einbezogen.
Die Voraussetzungen des § 23. Abs. 1 PfBVO in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) sind nicht gegeben.
Nach dieser Vorschrift sollen als ruhegehaltfähig auch bestimmte, in den Ziffern 1 und 2 des § 10 Abs. 1 BeamtVG näher umschriebene Zeiten berücksichtigt werden, in denen ein Beamter nach Vollendung des 17. Lebensjahres vor der Berufung in das Beamtenverhältnis im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Reichsgebiet ohne von dem Beamten zu vertretende Unterbrechung tätig war, sofern diese Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat.
Wie bereits in dem Widerspruchsbescheid der Kirchenleitung vom 18. Dezember 1996 sowie in der Antragserwiderung dargelegt wird, setzt die Berücksichtigungsfähigkeit von Vordienstzeiten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum einen voraus, daß diese Tätigkeit zur Ernennung - hier zur Berufung in das Pfarramt- geführt hat.
Bereits dieses Erfordernis ist nicht erfüllt.
Es ist dem Antragsteller zwar zuzugeben, daß die Tätigkeit als Arzt ihm möglicherweise Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt hat, die für seine spätere Tätigkeit als Krankenhausseelsorger hilfreich bzw. förderlich sein können. Die Zeit als Assistenzarzt in zwei Krankenhäusern hat jedoch - wie die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung näher darlegt - nicht zur Berufung des Antragstellers in das von ihm später innegehabte Amt als Krankenhausseelsorger geführt, für dessen Ausfüllung andere Gesichtspunkte wesentlich sind.
An diesem Ergebnis vermag auch das an den Antragsteller gerichtete Schreiben des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 12. August 1996 nichts zu ändern. In diesem Schreiben, mit dem sich der Präses für die Tätigkeit des Antragstellers in seinem Dienst in der 2. Pfarrstelle des Kirchenkreises K. seit 1980 bedankt, wird lediglich darauf hingewiesen, daß sich die Kenntnisse und Erfahrungen des Antragstellers als Arzt und sein schon seit Studententagen bestehendes Interesse an der Theologie im Dienst des Krankenhausseelsorgers ergänzt hätten.
Bereits vom Inhalt her ist dieses Schreiben daher nicht geeignet, das oben beschriebene Tatbestandsmerkmal (sofern diese Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat) zu erfüllen.
Hinzu kommt, daß der Antragsteller auch nicht unmittelbar im Anschluß an seine Assistenzarztzeit zum Pfarrer berufen wurde, sondern danach von Juni 1975 bis September 1979 in keinem Arbeitsverhältnis stand, sondern weiter studierte bzw. die erforderlichen theologischen Prüfungen ablegte.
Es fehlt daher auch an dem für eine etwaige Anrechnung von Vordienstzeiten erforderlichen weiteren Tatbestandsmerkmal, daß der Betroffene vor seiner Berufung in das Pfarramt ohne von ihm zu vertretende Unterbrechung in dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis -hier als Assistenzarzt- tätig war, dessen Anrechnung als ruhegehaltfähige Dienstzeit er begehrt.
Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 29 VwKG alter Fassung.