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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland |
Entscheidungsform: | Urteil |
Datum: | 22.04.1996 |
Aktenzeichen: | VK 03/1996 |
Rechtsgrundlage: | § 49 Abs. 1 b) i.V.m. § 53 Abs. 3, § 50 Abs. 3 PfDG |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Versetzung in den Ruhestand, Wartestand |
Leitsatz:
- Sowohl zwischen dem Datum der Rechtskraft des Abberufungsurteils und dem Tag des in Aussicht genommenen Beginns des Wartestandes als auch zwischen dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Abberufungsurteils und dem Tag des Erlasses des Bescheides betreffend die Versetzung in den Wartestand müssen mindestens sechs Monate liegen.
- Die Versetzung in den Wartestand ist Teil der inneren Angelegenheiten der Kirche, die diese im Rahmen ihres Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrechts nach eigenen Vorgaben regeln kann.
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebühren- und auslagenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.
#Tatbestand:
###Der Antragsteller war bis zu seiner Beurlaubung zum 1. September 1992 als Gemeindepfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde U. tätig.
Durch Bescheid des Kollegiums des Landeskirchenamtes vom 24. November 1992 (Verfügungen vom 24. November 1992 und vom 16. Dezember 1992) wurde er gem. § 49 Abs. 1 b) Pfarrerdienstgesetz (PfDG) zum 1. Juli 1993 aus seiner bisherigen Gemeinde abberufen.
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens beantragte der Antragsteller am 21. Mai 1993 die Entscheidung der Verwaltungskammer. Diese lehnte seinen Antrag auf Aufhebung des Abberufungsbescheides des Landeskirchenamtes vom 24. November 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 13. April 1993 durch Urteil vom 7. März 1994 ab. Die Urteilsformel wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers am 10. März 1994 zugestellt (Az: VK 4/1993).
In seiner Sitzung vom 26. Juli 1994 beschloß das Kollegium des Landeskirchenamtes, den Antragsteller gem. § 53 Abs. 3 PfDG mit Wirkung vom 1. Oktober 1994 in den Wartestand zu versetzen, und teilte dies dem Antragsteller durch Bescheid vom 27. Juli 1994 – zugestellt am 3. August 1994 – mit.
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens beantragte der Antragsteller am 11. Januar 1995 u.a. gegen den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 27. Juli 1994 (i.d.F. des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 7. November 1994) die Entscheidung der Verwaltungskammer. Diese gab durch Urteil vom 12. Juni 1995 – verkündet am selben Tage – dem Begehren des Antragstellers insoweit statt und hob den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 27. Juli 1994 betreffend die Versetzung des Antragstellers in den Wartestand i.d.F. des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 7. November 1994 auf (Az: VK 1/1995).
Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Der Bescheid des Landeskirchenamtes vom 27. Juli 1994 betreffend die Versetzung des Antragstellers in den Wartestand sei insofern verfrüht ergangen, als § 53 Abs. 3 Satz 2 PfDG ausdrücklich bestimme, daß das Ende der mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Abberufung beginnenden Sechs-Monats-Frist Voraussetzung für die Versetzung in den Wartestand sei, d.h. vor Ablauf dieser Sechs-Monats-Frist ein Bescheid betreffend die Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand nicht erlassen werden dürfe.
In seiner Sitzung vom 13. Juni 1995 beschloß das Landeskirchenamt, den Antragsteller gem. § 53 Abs. 3 i. V. m. § 56 Abs. 1 b) PfDG mit Wirkung vom 1. August 1995 in den Wartestand zu versetzen, und teilte dies dem Antragsteller durch Bescheid vom 19. Juni 1995 – zugestellt am 21. Juni 1995 – mit.
Der Antragsteller erhob gegen diesen Bescheid durch Schreiben vom 17. Juli 1995 am 18. Juli 1995 Widerspruch, zu dessen Begründung er insbesondere durch Schreiben vom 29. September 1995 im wesentlichen geltend machte: Das Landeskirchenamt gehe – wie auch aus dem zeitlichen Ablauf des erneuten Wartestandsverfahrens hervorgehe – erkennbar interessegeleitet gegen ihn vor. Die mit ihren Maßnahmen von den Dienststellen faktisch betriebene Zerrüttung des Dienstverhältnisses widerspreche der Fürsorgepflicht eines öffentlichen Arbeitgebers, insbesondere aber auch dem Wesen der Kirche. Die Kirchenleitung solle ihn – den Antragsteller – mündlich anhören. Das Landeskirchenamt übe durch seine Verfahren psychischen Druck aus. Die Versetzung in den Wartestand sei aufzuheben, weil das Landeskirchenamt seiner Pflicht nach § 53 Abs. 1 PfDG nicht nachgekommen sei.
Die Kirchenleitung beschloß in ihrer Sitzung vom 16. November 1995, den Widerspruch des Antragstellers gegen seine Versetzung in den Wartestand zurückzuweisen, und machte dem Antragsteller diese Entscheidung durch Widerspruchsbescheid vom 20. November 1995 – zugestellt am 22. November 1995 – bekannt.
Zur Begründung trug sie im wesentlichen vor: § 53 Abs. 3 PfDG schreibe die Versetzung in den Wartestand bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen zwingend vor. Die von dem Antragsteller in seinem Schreiben vom 29. September 1995 erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend. Bei Beschlußfassung des Landeskirchenamtes über die erneute Versetzung in den Wartestand im Juni 1995 seien die Gründe, die die Verwaltungskammer bewogen habe, die erste Versetzung in den Wartestand aufzuheben, bekannt gewesen. Es hätten daher keine Bedenken bestanden, die erneute Wartestandsversetzung sofort zu beschließen. Der Vorwurf, das Landeskirchenamt sei bei der Bewerbung oder Berufung in eine neue Pfarrstelle nicht behilflich gewesen, sei ebenfalls unbegründet. Richtig sei lediglich, daß es bisher nicht gelungen sei, für den Antragsteller eine neue Pfarrstelle zu finden.
Die dem Widerspruchsbescheid der Kirchenleitung vom 20. November 1995 beigefügte Rechtsmittelbelehrung eröffnet dem Antragsteller die Möglichkeit, innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Widerspruchsbescheides die Entscheidung der Verwaltungskammer zu beantragen.
Der Antragsteller hat durch Schreiben vom 19. Januar 1996 am selben Tage die Entscheidung der Verwaltungskammer gegen die Bescheide des Landeskirchenamtes und der Kirchenleitung hinsichtlich seiner Versetzung in den Wartestand beantragt. Zur Begründung macht er unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens u.a. geltend: Die Kirchenleitung und nicht das Landeskirchenamt sei – wie sich aus § 55 PfDG ergebe – für die Entscheidung über seine Versetzung in den Wartestand zuständig. Ferner sei er entgegen § 50 Abs. 2 PfDG nicht gehört worden. Auch sei § 50 Abs. 4 PfDG nicht hinreichend berücksichtigt, da eine Begründung für die Versetzung in den Wartestand nicht erfolgt bzw. unzulänglich sei. Er werde zu Unrecht als Pfarrer im Wartestand geführt. Bereits dies zeige, wie sehr das Landeskirchenamt ihn in den Wartestand wünsche. Auch weiterhin erweckten Kirchenleitung und Landeskirchenamt den Eindruck, nicht seine Wiederverwendung zu betreiben, sondern ihn über den Wartestand im Rechtsautomatismus Richtung Ruhestand zu befördern. Der “Makel” ‘im Wartestand’ senke Bewerbungschancen und lasse Irritationen darüber aufkommen, ob er selbst sich korrekt tituliere. Ein Beschäftigungsauftrag mit lediglich 50% der Bezüge sei ihm bereits im Hinblick auf seine familiäre Situation nicht zumutbar und mit § 53 Abs. 1 PfDG nicht zu vereinbaren. Sollte sich die Kirchenleitung oder das Landeskirchenamt Schuldvorwürfe, die gegen ihn – den Antragsteller – erhoben würden, zueigen machen, sei die Durchführung eines Abberufungsverfahrens mit anschließender Versetzung in den Wartestand das falsche Verfahren; vielmehr müsse in diesem Falle ein Disziplinarverfahren gewählt werden.
Die Regelung des § 53 Abs. 3 PfDG mit seinem Automatismus zwischen der erfolgten Abberufung und der Versetzung in den Wartestand mit der damit verbundenen Kürzung des Gehalts sei mit dem Grundgesetz unvereinbar. Zwar sei grundsätzlich festzustellen, daß das kirchliche Amts- und Dienstrecht dem sogenannten innerkirchlichen Bereich zuzuordnen sei mit der Folge, daß eine Ausübung öffentlicher Gewalt durch die Kirche nicht vorliege und von daher eine Bindung an die für alle geltenden Gesetze im Sinne des Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) ausscheide. Vorliegend sei allerdings fraglich, ob die Kirche noch im Rahmen der innerkirchlichen Angelegenheiten tätig werde oder ob nicht die von ihr eingeleiteten Maßnahmen den kirchlichen Bereich überschritten bzw. in den staatlichen Bereich hineinreichten und damit zumindest mittelbar staatliche Gewalt ausgeübt werde, woraus Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts der Kirche folgen könnten. Bei der Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand gem. § 49 Abs. 1 b) i.V.m. § 53 Abs. 3 PfDG handele es sich um einen Grenzbereich. Es sei zu fragen, ob hier das kirchliche Wirken den rein innerkirchlichen Wirkungsbereich verlasse und daher eine Grundrechtsbindung gegeben sei. Insbesondere komme insoweit eine Bindung an Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) in Betracht. Aufgrund der Normen des Pfarrerdienstgesetzes, insbesondere §§ 49 Abs. 1 b), 53 Abs. 3 PfDG könne ein Pfarrer, ohne daß auf seiner Seite ein Verschulden vorliege, aus dem kirchlichen Dienst gedrängt werden und müsse die damit zusammenhängende Gehaltskürzung hinnehmen. Eine entsprechende Regelung im staatlichen Bereich wäre mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar. Könne man die Abberufung nach § 49 Abs. 1 b) PfDG noch dem Bereich der rein innerkirchlichen Angelegenheiten zuordnen mit der Folge, daß eine Bindung an die Grundrechte und an Art. 33 Abs. 5 GG ausscheide, so erscheine bereits die Tatsache der Versetzung in den Wartestand im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs problematisch bezüglich der Frage, ob insoweit nicht doch eine Grundrechtsbindung der Kirche gegeben sei. Trete jedoch die Gehaltskürzung hinzu, so sei dieses nicht mehr dem rein innerkirchlichen Wirken zuzuordnen. Der über den Weg der Abberufung in den Wartestand versetzte Pfarrer werde ohne Feststellung seines Verschuldens dem disziplinarrechtlich belangten Pfarrer gleichgestellt. Die Gehaltskürzung erhalte damit Strafcharakter. Die Versetzung in den Wartestand sei daher vorliegend nicht dem rein innerkirchlichen Wirken zuzuordnen; vielmehr sei von der Ausübung staatlicher Gewalt durch die Kirche auszugehen. Damit unterliege die Versetzung in den Wartestand mit der damit verbundenen Gehaltskürzung der Grundrechtsbindung und widerspreche der Regelung des Art. 33 Abs. 5 GG.
Der Antragsteller rügt ferner die Unvollständigkeit der vorgelegten Akten.
Er beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 betreffend Versetzung in den Wartestand in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 20. November 1995 aufzuheben; | |
hilfsweise, | |
die Antragsgegnerin zu verpflichten, mit der Versetzung in den Wartestand keine Minderung des Diensteinkommens des Antragstellers vorzunehmen. |
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen. |
Sie führt zur Begründung ihres Antrages unter Bezugnahme auf das Verfahren VK 1/1995 aus, daß der Antragsteller die Versetzung in den Wartestand gem. § 53 Abs. 3 PfDG zu Unrecht als eine “unfreiwillige” Versetzung in den Wartestand ansehe, die als Entscheidung der Antragsgegnerin vorbehalten sei. Bereits aus der Überschrift vor § 54 PfDG ergebe sich, daß die Versetzung in den Wartestand gem. § 53 Abs. 3 PfDG lediglich eine zwingende gesetzliche Folge der Abberufung und der Unvermittelbarkeit einer neuen Pfarrstelle für einen abberufenen Pfarrer innerhalb der ersten sechs Monate seit der Abberufung sei.
Zwar sei die Dienstordnung für das Landeskirchenamt und seine Schulabteilung vom 12. Januar 1993 (im folgenden: Dienstordnung für das Landeskirchenamt) inzwischen wohl außer Kraft getreten. Abgesehen von der Frage, ob sie nicht stillschweigend weiter gelte, müsse aber in Rechnung gestellt werden, daß der Widerspruchsbescheid von der Kirchenleitung erlassen worden sei, so daß ein etwaiger Zuständigkeitsmangel für die angegriffene Wartestandsentscheidung nicht zum Tragen komme. Ferner sei darauf hinzuweisen, daß der Entwurf eines neuen Pfarrerdienstgesetzes sogar vorsehe, ein Jahr nach erfolgter Abberufung den Wartestand kraft Gesetzes eintreten zu lassen. Dies bedeute, daß es einer weiteren Verfügung nicht mehr bedürfe, was eine Verschärfung gegenüber dem jetzigen Zustand mit sich bringe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im übrigen wird ergänzend auf die Akten der Verwaltungskammer und die von der Antragsgegnerin eingereichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
#Gründe:
Das Begehren des Antragstellers hat weder mit dem gestellten Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
Die Verwaltungskammer ist zur Entscheidung über das Begehren des Antragstellers berufen. Ihre Zuständigkeit ergibt sich insoweit entweder aus § 2 Abs. 2 Verwaltungskammergesetz (VwKG) oder – sofern man die §§ 54 ff Pfarrerdienstgesetz (PfDG) ungeachtet des Umstandes für anwendbar hält, daß § 53 Abs. 3 PfDG im Abschnitt VII unter Ziffer 2 PfDG (Abberufung im Interesse des Dienstes) steht, weil auch eine Maßnahme nach § 53 Abs. 3 PfDG eine Versetzung in den Wartestand darstellt – aus § 2 Abs. 3 VwKG in Verbindung mit den entsprechend anwendbaren §§ 55 Satz 2, 50 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 PfDG sowie § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zum Pfarrerdienstgesetz.
Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsteller weist zwar zutreffend darauf hin, daß er vor dem Erlaß der hier angegriffenen Wartestandsverfügung des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 nicht (erneut) förmlich angehört worden ist.
Selbst wenn eine vorherige Anhörung – etwa nach § 55 Satz 2 PfDG in Verbindung mit § 50 Abs. 2 Satz 1 PfDG – hätte erfolgen müssen und der Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 insoweit verfahrensfehlerhaft ergangen wäre, ist dieser Verfahrensmangel nach den – durch das Verwaltungsverfahrensgesetz, hier insbesondere § 45 VwVfG kodifizierten – vorliegend entsprechend geltenden allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechts durch das Widerspruchsverfahren geheilt worden, in dem der Antragsteller Gelegenheit hatte, seine Einwendungen gegen den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 vorzubringen.
Die von dem Antragsteller gerügte Unzulänglichkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 ist im Ergebnis irrelevant, weil auch dieser etwaige Mangel durch das Widerspruchsverfahren und den Erlaß des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 20. November 1995 geheilt worden ist.
Soweit der Antragsteller die fehlende Zuständigkeit des Landeskirchenamtes zum Erlaß des Bescheides vom 19. Juni 1995 betreffend seine Versetzung in den Wartestand rügt, ist ihm zum einen entgegenzuhalten, daß jedenfalls der Widerspruchsbescheid vom 20. November 1995, in dessen Fassung der angegriffene Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (vgl. § 31 Satz 1 VwKG in Verbindung mit § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), von der Kirchenleitung erlassen worden ist. Die Kirchenleitung hat sich mit dem Erlaß des Widerspruchsbescheides den Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 zu eigen gemacht.
Abgesehen davon bestimmt Art. 203 Abs. 1 Kirchenordnung (KO), daß die Kirchenleitung ihre Aufgaben mit Hilfe des Landeskirchenamtes durchführt. Auch Entscheidungen des Landeskirchenamtes sind mithin der Kirchenleitung zuzurechnen, weil ausweislich des Wortlauts des Art. 203 Abs. 1 KO das Tätigwerden des Landeskirchenamtes nicht zu einer Aufgabenverlagerung von der Kirchenleitung an das Landeskirchenamt führt, sondern das Landeskirchenamt durch seine Tätigkeit Aufgaben der Kirchenleitung wahrnimmt.
Ermächtigungsgrundlage für die Versetzung des Antragstellers in den Wartestand gemäß Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juni 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung vom 20. November 1995 ist § 53 Abs. 3 PfDG.
Danach ist der Pfarrer in den Wartestand zu versetzen, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach dem gem. § 50 Abs. 3 Satz 1 PfDG festgestellten Zeitpunkt in eine neue Pfarrstelle berufen wird. Die Versetzung in den Wartestand setzt jedoch voraus, daß seit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Abberufung mindestens sechs Monate vergangen sind.
Dies ist hier der Fall. Das Urteil über die Abberufung des Antragstellers ist mit Zustellung der Urteilsformel an den Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers am 10. März 1994 rechtskräftig geworden. Die hier angefochtene Wartestandsverfügung vom 19. Juni 1995 ist mehr als sechs Monate nach dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Abberufungsurteils in dem Verfahren VK 4/1993 erlassen worden und trägt damit den Erwägungen der Verwaltungskammer aus dem Verfahren VK 1/1995 Rechnung, daß nicht nur zwischen dem Datum der Rechtskraft des Abberufungsurteils und dem Tag des in Aussicht genommenen Beginns des Wartestandes, sondern auch zwischen dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Abberufungsurteils und dem Tag des Erlasses des Bescheides betreffend die Versetzung in den Wartestand mindestens sechs Monate liegen müssen.
Auch im übrigen ist der angegriffene Bescheid nicht zu beanstanden.
Bei der Frage der Versetzung in den Wartestand in einem Fall wie dem vorliegenden ist der Antragsgegnerin nach dem eindeutigen Wortlaut des § 53 Abs. 3 PfDG kein Ermessen eingeräumt. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine gebundene Entscheidung.
Schon aus diesem Grunde dürften die Einwendungen des Antragstellers fehl gehen, die Antragsgegnerin habe ihrer in § 53 Abs. 1 Satz 1 PfDG normierten Pflicht nicht genügt, dem Antragsteller bei der Bewerbung oder der Berufung in eine neue Pfarrstelle behilflich zu sein.
Selbst wenn man allerdings – trotz des insoweit klaren Wortlauts – zugunsten des Antragstellers davon ausginge, daß ein etwaiges völliges Fehlen des Bemühens der Antragsgegnerin im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 PfDG geeignet sein kann, eine Versetzung in den Wartestand gem. § 53 Abs. 3 PfDG rechtswidrig zu machen, so liegt ein solcher Sachverhalt hier nicht vor. Aus den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin zum vorliegenden und zum Verfahren VK 1/1995 ergibt sich vielmehr, daß diese im Rahmen der ihr nach der Abberufung des Antragstellers zur Verfügung stehenden Möglichkeiten § 53 Abs. 1 PfDG Genüge getan hat, sie ihrer Fürsorgepflicht insoweit nachgekommen ist und daß jedenfalls auch das Verhalten des Antragstellers zu seiner noch gegenwärtig bestehenden Situation der Beschäftigungslosigkeit beigetragen hat.
Daß der Antragsteller möglicherweise im Rahmen eines Beschäftigungsauftrages nur in reduziertem Umfang (und damit auch mit geringerem Gehalt) tätig werden kann, vermag die angegriffene Verfügung des Landeskirchenamtes betreffend die Versetzung des Antragstellers in den Wartestand nicht rechtswidrig zu machen und widerspricht § 53 Abs. 1 PfDG nicht.
Auch die Erwägungen des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers in seinem Schriftsatz an die Verwaltungskammer vom 14. März 1996 führen zu keinem anderen Ergebnis.
Insoweit ist bereits der Ausgangspunkt des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers, daß zwar die Abberufung gem. § 49 Abs. 1 b) PfDG noch dem innerkirchlichen Bereich zuzuordnen sei, die Versetzung in den Wartestand diesen Bereich aber jedenfalls wegen der damit verbundenen Gehaltskürzung verlasse, unzutreffend. Auch die Versetzung in den Wartestand ist Teil der inneren Angelegenheiten der Kirche, die diese im Rahmen ihres Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrechts nach eigenen Vorgaben regeln kann.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu u.a. ausgeführt:
Die Grundsätze des Selbstbestimmungsrechts und der Ämterautonomie, die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV ausdrücklich anerkannt werden, beinhalten nicht nur, daß die kirchlichen Ämter ohne staatliche Mitwirkung verliehen und entzogen werden dürfen, sondern auch, daß die Kirchen- und Religionsgemeinschaften frei bestimmen dürfen, welche Anforderungen an die Amtsinhaber zu stellen sind und welche Rechte und Pflichten diese im einzelnen haben. Das Selbstbestimmungsrecht enthält im Bereich des kirchlichen Dienstrechts sowohl eine allgemeine Regelungskompetenz als auch die Freiheit zum Organisationsakt und zur Personalentscheidung im Einzelfall ..... | |
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Kirchen innerhalb des dargelegten Rahmens der eigenen Angelegenheiten nicht an das für alle geltende staatliche Gesetz gebunden… Danach gibt es elementare Teile der kirchlichen Ordnung, für die der Staat keine Schranken in Form von allgemeinen Gesetzen aufrichten darf. Eine Maßnahme, die keine unmittelbaren Rechtswirkungen in den staatlichen Zuständigkeitsbereich hat, bleibt eine “innere kirchliche Angelegenheit” auch dann, wenn sie dorthin mittelbare Auswirkungen hat (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 1982, – 2C 21/78 –, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1983, Seite 2580/2581; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. April 1994, 2 C 23.92, in: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 1994, 961 f.) |
Abgesehen davon ist die Verwaltungskammer zur Anwendung der Kirchengesetze berufen und an diese gebunden.
Der Hauptantrag ist daher als unbegründet abzulehnen.
Das hilfsweise geltend gemachte Begehren des Antragstellers ist schon mangels Durchführung eines nach § 10 Abs. 3 VwKG erforderlichen Vorverfahrens unzulässig.
Es ist aber jedenfalls unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage dafür ersichtlich ist, entgegen den Vorschriften des Pfarrerdienstgesetzes die in diesem für den Fall des Eintritts des Wartestandes vorgesehenen finanziellen Folgen bei dem Antragsteller nicht eintreten zu lassen.
Das Begehren des Antragstellers war daher insgesamt abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 29 VwKG.