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Kirchengericht: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland |
Entscheidungsform: | Urteil |
Datum: | 04.05.1992 |
Aktenzeichen: | VK 10/1991 |
Rechtsgrundlage: | § 9 Abs. 1 PrO; § 3 VwKG |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Anstellungsfähigkeit als Pfarrer, Prüfungsergebnis |
Leitsatz:
- Entscheidet der Beschwerdeausschuss sachlich über den Widerspruch, wird damit – stillschweigend – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
- Wird mit einem Widerspruch ein Rechtsverstoß geltend gemacht, der das Gesamtergebnis der Prüfung beeinflussen könnte, liegen die Voraussetzungen vor, untern denen die Verwaltungskammer innerhalb der Rechtsprechung hierfür gezogenen Grenzen eine Prüfungsentscheidung überprüfen kann.
- Den Prüfern steht ein zustehenden Beurteilungsspielraum zu, in den die Verwaltungskammer nicht eingreifen darf.
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.
#Tatbestand:
###Der Antragsteller war Gemeindemissionar. Um die Anstellungsfähigkeit als Pfarrer zu erhalten, unterzog er sich der entsprechenden Prüfung, die er mit “ausreichend” (3,25 Punkte) bestand.
Gegenstand der mündlichen Prüfung vom 08. November 1990 im Fach “Kirchengeschichte” war die Theologische Erklärung der Barmer Bekenntnissynode. Hierfür erhielt der Antragsteller die Note “mangelhaft”.
Mit seinem am 26. November 1990 eingegangenen Schreiben vom 16. November 1990 hat der Antragsteller gegen diese Notengebung Widerspruch eingelegt. Er schildert in diesem Schreiben den Verlauf der mündlichen Prüfung im Fach “Kirchengeschichte” aus seiner Sicht und meint, trotz der auch von ihm zugegebenen Mängel seiner Leistungen in der mündlichen Prüfung sei die Note “mangelhaft” nicht gerechtfertigt.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Antragstellers vom 16. November 1990 verwiesen.
Der Beschwerdeausschuß des Antragsgegners hat den Widerspruch durch Bescheid vom 24. April 1991 mit folgender Begründung zurückgewiesen:
Die Bewertung einer Leistung sei ein höchstpersönliches Fachurteil des Prüfers nach pädagogisch-wissenschaftlichen Kriterien aufgrund seiner Sach- und Fachkenntnis, dem regelmäßig ein erheblicher subjektiver Einschlag anhafte. Anstelle einer absoluten Objektivität der Leistungsbeurteilung, die es im pädagogisch-wissenschaftlichen Bereich letztlich nicht geben könne, trete die Auswahl der fach- und sachkundigen Mitglieder des Prüfungsausschusses. Die Wertung der Prüfer sei unangreifbar und damit fiktiv als richtig hinzunehmen, soweit sie sich im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes hielten. Das höchstpersönliche Fachurteil der Mitglieder des Prüfungsausschusses sei nicht schon deshalb fehlerhaft, weil andere Prüfer oder Prüfungsausschüsse ein abweichendes, höchstpersönliches Fachurteil abgeben, das dem Betroffenen richtiger, vernünftiger und günstiger erscheine. Der Ablauf der Prüfung leide auch nicht etwa an Rechtsmängeln. Es liege ein ordnungsgemäßes Protokoll vor, das über Ablauf und Inhalt der Prüfung Auskunft gäbe; die Note “mangelhaft” werde ausdrücklich begründet. Auch könne nicht festgestellt werden, daß etwa schon die Grundlagen der Bewertung unrichtig seien, sie von sachfremden Erwägungen getragen sei, offensichtliche Einschätzungs- oder Bewertungsfehler vorlägen oder der Prüfungsausschuß das Gleichbehandlungsgebot verletzt habe.
Die Bewertung einer Leistung sei ein höchstpersönliches Fachurteil des Prüfers nach pädagogisch-wissenschaftlichen Kriterien aufgrund seiner Sach- und Fachkenntnis, dem regelmäßig ein erheblicher subjektiver Einschlag anhafte. Anstelle einer absoluten Objektivität der Leistungsbeurteilung, die es im pädagogisch-wissenschaftlichen Bereich letztlich nicht geben könne, trete die Auswahl der fach- und sachkundigen Mitglieder des Prüfungsausschusses. Die Wertung der Prüfer sei unangreifbar und damit fiktiv als richtig hinzunehmen, soweit sie sich im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes hielten. Das höchstpersönliche Fachurteil der Mitglieder des Prüfungsausschusses sei nicht schon deshalb fehlerhaft, weil andere Prüfer oder Prüfungsausschüsse ein abweichendes, höchstpersönliches Fachurteil abgeben, das dem Betroffenen richtiger, vernünftiger und günstiger erscheine. Der Ablauf der Prüfung leide auch nicht etwa an Rechtsmängeln. Es liege ein ordnungsgemäßes Protokoll vor, das über Ablauf und Inhalt der Prüfung Auskunft gäbe; die Note “mangelhaft” werde ausdrücklich begründet. Auch könne nicht festgestellt werden, daß etwa schon die Grundlagen der Bewertung unrichtig seien, sie von sachfremden Erwägungen getragen sei, offensichtliche Einschätzungs- oder Bewertungsfehler vorlägen oder der Prüfungsausschuß das Gleichbehandlungsgebot verletzt habe.
Gegen diesen ihm am 10. Mai 1991 zugestellten Bescheid hat der Antragsteller mit einem am 10. Juni 1991 eingegangenen Schriftsatz die Entscheidung der Verwaltungskammer beantragt.
Zur Begründung dieses Antrags bezieht er sich im wesentlichen auf sein Widerspruchsschreiben vom 16. November 1990.
Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des Prüfungsausschusses vom 08. November 1990 über das Prüfungsergebnis und den Widerspruchsbescheid vom 24. April 1991 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Verwaltungskammer neu zu entscheiden. |
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen. |
Er verweist hierzu auf den Bescheid des Beschwerdeausschusses vom 24. April 1991.
#Gründe:
Der Antrag ist nach § 10 der Prüfungsordnung für Gemeindemissionare zur Anstellungsfähigkeit als Pfarrer in Verbindung mit § 9 Abs. 3 der Prüfungsordnung für die Erste und Zweite Theologische Prüfung zulässig. Ihm steht nicht entgegen, daß der Widerspruch des Antragstellers möglicherweise verspätet war, weil er die Zweiwochenfrist des § 9 Abs. 1 der Prüfungsordnung für die Erste und Zweite Theologische Prüfung nicht eingehalten hatte. Die mündliche Prüfung fand am 08. November 1990 statt, sein Widerspruch ist aber erst am 26. November 1990 beim Antragsgegner eingegangen. Jedenfalls hat der Beschwerdeausschuß sachlich über den Widerspruch entschieden und dem Antragsteller damit – stillschweigend – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auch liegen die Voraussetzungen vor, unter denen die Verwaltungskammer innerhalb der von der Rechtsprechung hierfür gezogenen Grenzen eine Prüfungsentscheidung des Antragsgegners überprüfen kann. Denn mit dem Widerspruch hatte der Antragsteller einen Rechtsverstoß geltend gemacht, der das Gesamtergebnis der Prüfung beeinflussen könnte. Wären seine Leistungen in der mündlichen Prüfung im Fach “Kirchengeschichte” mit “ausreichend” bewertet worden, dann hätte er einen besseren Notendurchschnitt als lediglich “3,25” erreicht. Er hätte alsdann die Prüfung nicht mit “ausreichend”, sondern mit “befriedigend” bestanden.
Schon nach dem Vortrag des Antragstellers können jedoch keine Rechtsverstöße festgestellt werden, die ein solches Ergebnis rechtfertigen könnten. Es ist nicht ersichtlich, daß sich der Prüfungsausschuß etwa von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hat. Die Situation einer mündlichen Prüfung ist einmalig. Die Leistungen des Prüflings können, im Gegensatz zu schriftlichen Arbeiten, der Verwaltungskammer nicht in ihrer unverfälschten und unverkürzten Form zugänglich gemacht werden. Es ist auch nicht Aufgabe der Verwaltungskammer, sich die vom Antragsteller zitierte Literatur anzueignen und alsdann an Hand seines Vortrages zu überprüfen, ob eine bessere Note gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gebietet auch nicht das in NJW 1991, Seite 2005 folgende veröffentlichte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 17. April 1991. Dort hat das Bundesverfassungsgericht lediglich entschieden, daß eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung (damit wohl auch wissenschaftliche Meinung) nicht als falsch bewertet werden darf. Ein solcher Sachverhalt ist dem Vortrag des Antragstellers jedoch nicht zu entnehmen.
In seinem Widerspruchsschreiben vom 16. November 1990 trägt der Antragsteller selbst einige Mängel seiner Leistungen in der mündlichen Prüfung vom 08. November 1990 vor. So war ihm die Erste These der Barmer Erklärung nicht vollständig geläufig. Auch wußte er nicht, welche These sich gegen den Staat richtete. Es mag zwar sein, daß dies allein die Note “mangelhaft” nicht gerechtfertigt hätte. Ein gewichtiger Mangel der Leistung des Antragstellers war jedenfalls, daß er nicht wußte, daß sich die Barmer Erklärung auch gegen das positive Christentum und Alfred Rosenbergs Blut- und Bodentheorie richtete. Auch kann heute nicht mehr nachvollzogen werden, wie der Antragsteller sonstige Fragen beantwortet hat. Wenn ihm die Prüfer – doch wohl unter dem Eindruck seiner gesamten Leistungen in der mündlichen Prüfung – für das Fach “Kirchengeschichte” lediglich die Note “mangelhaft” erteilten, so hielten sie sich innerhalb des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraumes. Hierin einzugreifen, ist die Verwaltungskammer nicht befugt (siehe auch § 3 VwKG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 29 VwKG.