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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche im Rheinland
Entscheidungsform:Urteil
Datum:26.06.2012
Aktenzeichen:1 VG 24/2010
Rechtsgrundlage:§ 36 Abs. 2 VwGG.UEK; § 81 Abs. 2 PfDG
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Belassung der Pfarrstelle, Freistellung aus familiären Gründen, Pfarrstellenbesetzung, Terminsaufhebung, mündliche Verhandlung in Abwesenheit
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Leitsatz:

Ein Presbyterium handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn es beschließt, von der Ausnahmeregelung des § 81 Abs. 2 PfDG keinen Gebrauch zu machen und einer Pfarrerin oder einem Pfarrer die Pfarrstelle bei erfolgter Freistellung aus familiären Gründen nicht zu belassen, sondern sie anderweitig zu besetzen, wenn die Entscheidung des Presbyteriums neben der Vertretungs- und Kostenfrage auch von innergemeindlichen Auseinandersetzungen mitbestimmt wurde, die zunehmend in die Gemeinde getragen wurden. Dabei kommt es auf die Frage, wer für die konfliktgeladene Gesamtsituation größere Verantwortung trägt, welche Einzelereignisse in welchem Umfang zu dieser Situation geführt haben, und eine Beweisaufnahme dazu nicht an.
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand

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Die Klägerin war Inhaberin der zweiten Pfarrstelle der beklagten Kirchengemeinde G. (Beklagte zu 2.).
Am 29. April 2009 unterrichtete sie das Presbyterium, dass sie möglichst schnell wegen einer Erkrankung ihrer Mutter eine befristete Freistellung anstrebe, ohne die Pfarrstelle verlieren zu wollen. Im Presbyterium erfolgte nachfolgend eine Diskussion über die Belassung der Pfarrstelle im Falle der Freistellung der Klägerin, eine Entscheidung wurde bis zur förmlichen Beantragung der Freistellung zurückgestellt (Beschluss des Presbyteriums vom 4. Juni 2009).
Die Klägerin stellte den Antrag auf Freistellung aus familiären Gründen auf dem Dienstweg gegenüber dem Landeskirchenamt im Juni 2009. Ende Juli 2009 erfolgte durch das Landeskirchenamt die befristete Freistellung ab dem 1. August 2009.
In einer Sitzung vom 19. August 2009 beschloss das Presbyterium, den Antrag der Klägerin auf Belassung der Pfarrstelle abzulehnen. Auf einen dagegen gerichteten „Einspruch“ der Klägerin teilte ihr das Landeskirchenamt mit Schreiben vom 16. November 2009 mit, § 81 Abs. 1 PfDG gehe von dem Regelfall aus, dass Pfarrerinnen und Pfarrer mit Beginn der Freistellung die Pfarrstelle verlieren. Soweit davon bei einer – wie im Fall der Klägerin – Freistellung von weniger als zwei Jahren eine Ausnahme gemacht werden könne, sei dies nur mit Zustimmung des Leitungsorgans der Gemeinde möglich. Hier sei die Zustimmung des Presbyteriums nicht erteilt worden.
Aufgrund der Absicht der Beklagten zu 2., die bisherige Pfarrstelle der Klägerin zum 25. April 2010 anderweitig zu besetzen, beantragte die Klägerin am 19. April 2010 bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung (VK 11/2010) mit dem Ziel, die Neubesetzung nicht vorzunehmen und ihr ihre bisherige Pfarrstelle zu belassen. Diesen Antrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 28. Mai 2010 ab. Die hiergegen gerichtete, mit zahlreichen Beweisanträgen verbundene Beschwerde wies der VGH mit Beschluss vom 8. Juli 2010 wegen fehlender Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs zurück (VGH 16/10).
Mit Schreiben vom 31. August 2010 hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, sie wolle das Verfahren VK 11/2010 mit allen gestellten Beweisanträgen als Hauptsacheverfahren weiter betreiben. Das Verfahren wird seitdem als Klageverfahren unter dem Aktenzeichen VK 24/2010 – später 1 VG 24/2010 – geführt.
Die Klägerin trägt vor: Der Beschluss des Presbyteriums, ihr die Pfarrstelle nicht zu belassen, beruhe auf sachfremdem und rechtsmissbräuchlichem Verhalten der Vorsitzenden des Presbyteriums, der früheren Superintendentin Pfarrerin P.. Sie erhebe (unter Darlegung der Ereignisse ab dem 16. November 2008) einen Mobbingvorwurf. Das Presbyterium habe durch Frau P. veranlasst die Entscheidung über ein Belassen der Pfarrstelle nach der Freistellung so lange hinausgezögert, bis sie, die Klägerin, ihre Rechte gegenüber dem Presbyterium nicht mehr habe wahrnehmen können. Eine notwenige Erörterung der Angelegenheit in einer Gemeindeversammlung sei unterblieben.
Ein gegen den Vorsitzenden Richter am VG V. gerichteter Befangenheitsantrag ist erfolglos geblieben.
Terminsaufhebungsanträgen zum Termin der mündlichen Verhandlung, die der Ehemann der Klägerin auch im vorliegenden Verfahren gestellt hat, hat das Gericht nicht entsprochen.
An der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nicht teilgenommen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der des Verfahrens VK 11/2010 ergänzend Bezug genommen.
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Gründe:

Die 1. Kammer, die gemäß § 5 Abs. 1 des am 1. April 2011 in Kraft getretenen Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelischen Kirche im Rheinland – VwGG.EKiR – in der Besetzung mit der rechtskundigen Vorsitzenden, einem weiteren rechtskundigen und einem beisitzenden ordinierten Mitglied entscheidet, konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2012 entscheiden, obwohl die Klägerin nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Sie ist mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung entsprechend § 36 Abs. 2 des wegen der Klageerhebung vor dem 1. April 2011 noch anwendbaren Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland – VwGG a. F., § 32 Abs. 2 VwGG.EKD n.F. darauf hingewiesen worden, dass bei ihrem Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann. Den Terminsaufhebungsanträgen konnte nicht entsprochen werden. Sie wurden nicht von der Klägerin, sondern von ihrem im vorliegenden Verfahren nicht bevollmächtigten Ehemann gestellt. Eine Verhinderung der Klägerin wurde auch nicht substantiiert dargelegt. Auch aus dem letzten Schreiben ihres Ehemannes vom 25. Juni 2012 wurde nicht erkennbar, dass sie aus konkreten, dringenden und nicht verschiebbaren Gründen an einer Sitzungsteilnahme gehindert war.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hatte und hat keinen Anspruch darauf, ihr die zweite Pfarrstelle der Beklagten zu 2. trotz der erfolgten Freistellung zu belassen und sie deshalb nicht anderweitig zu besetzen. Zur weiteren Begründung kann auf die ausführlichen Darlegungen des VGH in seinem Beschluss vom 8. Juli 2010 – VGH 16/10 – verwiesen werden. Dem Vortrag der Beteiligten und den zu den Gerichtakten gereichten Unterlagen kann entnommen werden, dass die Entscheidung des Presbyteriums neben der Vertretungs- und Kostenfrage auch, wie vom VGH dargestellt, von der Auseinandersetzung mitbestimmt wurde, die zwischen Pfarrerin P. auf der einen und der Klägerin und ihrem Ehemann auf der anderen Seite stattfand und die zunehmend in die Gemeinde getragen wurde. Entschloss sich das Presbyterium auch vor diesem Hintergrund, die Pfarrstelle angesichts der Freistellung der Klägerin dieser nicht zu belassen und von der Ausnahmeregelung des § 81 Abs. 2 PfDG keinen Gebrauch zu machen, ist dies nicht rechtsmissbräuchlich. Bei alledem kommt es auf die Frage, wer für die konfliktgeladene Gesamtsituation die größere Verantwortung trägt, welche Einzelereignisse in welchem Umfang zu dieser Situation geführt haben, und eine Beweisaufnahme dazu nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG a.F., § 60 Abs. 1 VwGG.EKD n.F.